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Alt-katholische Kirche - was ist das?

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Ist es denn möglich? Kann ein katholischer Priester einen "Zivilberuf"ausüben und eine Familie haben?
Na klar! Denn es gibt nicht nur eine einzige katholische Kirche, wie die meisten denken.

Einleitung: Kirchen und Bistümer

Es gibt nur eine christliche Kirche, aber diese gliedert sich in viele Ortskirchen, die man auch Landeskirchen, Bistümer usw., kurz "Kirchen", nennt. Die meisten Kirchen haben einen Bischof an ihrer Spitze und sind selbständig und unabhängig, wie z.B. die evangelischen, anglikanischen und orthodoxen Kirchen. Die Bischöfe der römisch-katholischen Bistümer jedoch stehen alle unter der Leitung des Papstes in Rom.
Die katholischen Bistümer in Deutschland werden meist nach der Stadt ihres Bischofssitzes benannt, wie Mainz, Berlin, Paderborn usw. - Weniger bekannt ist, daß es in Deutschland außerdem noch das katholische Bistum der Alt-Katholiken gibt, auch kurz "alt-katholisches Bistum" genannt.

Alt-Katholiken? Was ist denn das?

Es ist in Deutschland üblich, daß man einfach verkürzt "katholisch" sagt, wenn man in Wirklichkeit "römisch-katholisch" meint. Das ist aber ungenau, denn es gibt nämlich auch noch andere katholische Kirchen!

1. Entstehung

Das Katholische Bistum der Alt-Katholiken gibt es in Deutschland seit 1873.
Seine Entstehung war eine Folge von zwei Beschlüssen des 1. Vatikanischen Konzils (1869/70), nämlich über die Unfehlbarkeit und die universelle Jurisdiktion (Rechtsprechungsgewalt) des Papstes. Dabei handelte es sich um Neuerungen, die die Stellung des Papstes in einer Weise stärken sollten, wie sie in der alten Kirche unbekannt war. Viele engagierte Katholiken, auch Theologieprofessoren, besonders in deutschsprachigen Ländern, lehnten diese Konzilsbeschlüsse offen ab, da sie sie nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren konnten. Sie wurden daraufhin von der römisch-katholischen Kirche ausgeschlossen (exkommuniziert). Deshalb mußten sie eigene Gemeinden gründen und einen eigenen Bischofs haben. Der Bischofssitz des Katholischen Bistums der Alt-Katholiken in Deutschland ist seit 1873 in Bonn. Die "Abstammung" verschiedener Kirchen zu veranschaulichen wird hier durch eine Grafik versucht.

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2. Bezeichnung

Um die Dogmatisierung des päpstlichen Machtanspruches als unrechtmäßige Neuerung zu kennzeichnen, nannten sich ihre deutschen Gegner »Alt-Katholiken«. Dieser Name gibt heute zu Mißverständnissen Anlaß, aber er läßt sich nicht mehr ändern.

  • Wir sind alt nicht im Sinne von "besonders konservativ und fanatisch", sondern im Sinne des Ursprünglichen - der Urkirche.
  • Wir sind katholisch, denn die Quelle unseres Glaubens ist sowohl die Heilige Schrift (Bibel) als auch die Tradition (Überlieferung) der Kirche des ersten christlichen Jahrtausends.

3. Verbreitung

Man rechnet in Deutschland etwa mit über 15.000 Alt-Katholiken (Tendenz steigend!). Gemeinden findet man hauptsächlich entlang des Rheins und in Bayern, früher auch im Sudetenland, dagegen in Nord- und Ostdeutschland äußerst wenig. Unabhängige katholische Kirchen gibt es auch in einigen anderen Ländern: Niederlande, Österreich, Schweiz, Tschechei, Polen u.a.

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4. Merkmale

Durch die Unabhängigkeit von Rom konnten etliche Fehlentwicklungen korrigiert werden, die in der abendländischen Kirche im Mittelalter geschehen sind. Um es erst einmal ganz kurz zu sagen: die Alt-Katholiken stehen quasi in der Mitte zwischen der römisch-katholischen und der evangelischen Kirche. In der kirchlichen Leitungsstruktur sind wir der evangelischen Kirche ähnlich (bischöflich-synodal). In der Feier des Gottesdienstes unterscheiden wir uns kaum von der römisch-katholischen Kirche (Eucharistiefeier). Von daher gesehen könnten wir uns als "evangelisch-katholisch" bezeichnen.

4.1. Leitungsstruktur

Unsere Kirche wird geleitet von der Synode, einer Versammlung aus gewählten Vertretern aller Gemeinden, wobei nur etwa ein Drittel Geistliche sind. Zwischen den Zusammenkünften der Synode im Abstand von mehreren Jahren liegt die Leitung unserer Kirche in den Händen des Bischofs und der Synodalvertretung, die von der Synode gewählt werden.

4.2. Gottesdienst

Der Hauptgottesdienst an Sonn- und Festtagen ist bei uns stets ein Sakramentsgottesdienst, bei uns Eucharistiefeier genannt, gleichbedeutend mit dem Gottesdienst, der in anderen Kirchen heilige Messe, Abendmahlsgottesdienst bzw. Göttliche Liturgie genannt wird.
Zur hl. Kommunion (Abendmahl) eingeladen sind bei uns alle, die getauft sind und an die Gegenwart des Herrn in Seinem hl. Mahl glauben. Dabei wird nach Seiner Weisung ("Trinket alle daraus ...") allen Teilnehmern auch der Kelch gereicht. Übrige Hostien werden im Tabernakel für Krankenkommunionen aufbewahrt. Eine Verehrung des Altarssakraments außerhalb der Mahlfeier ist (zumindest in Deutschland) kaum üblich.
Bild: 19.02.2005, alt-kath. Hl.-Geist-Kapelle Köthen

4.3. Ohrenbeichte

Unsere Priester stehen selbstverständlich für seelsorgliche Aussprachen - auf Wunsch auch für eine Einzelbeichte - zur Verfügung. Aber es ist niemand zur Einzelbeichte verpflichtet, da eine Sündenvergebung auch im allgemeinen Bußgebet des Gemeindegottesdienstes möglich ist.

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4.4. Amt und Zölibat

Wir haben das dreifache Amt: Diakon, Priester, Bischof. Es wird jeweils durch eine Weihe übertragen. Der Dienst von Diakonen und Priestern kann auch ehrenamtlich neben einem Zivilberuf ausgeübt werden.
Bei den Alt-Katholiken in Deutschland sind seit dem Synodenbeschluß von 1994 die Frauen voll gleichberechtigt. Sie haben dieselbe Zugangsmöglichkeit zum kirchlichen Amt wie die Männer.
Die ersten zwei Priesterinnen wurden 1996 geweiht.
Unsere Geistlichen sind nicht zur Ehelosigkeit (Zölibat) verpflichtet. Auch die Reihenfolge der Termine für Eheschließung und Weihe ist nicht festgelegt.

4.5. Ehe und Familie

Wiederverheiratete Geschiedene werden bei uns nicht ausgegrenzt. Zu einer kirchlichen Wiederheirat bedarf es bei uns der Zustimmung des Pfarrers und des Bischofs. Wir haben ein natürliches Verhältnis zur Sexualität und es gibt keine Vorschriften bezüglich Empfängnisverhütung. Maßgeblich ist allein die vor Gott verantwortete Gewissensentscheidung.


Aufnahme nach einer ökumenischen Trauung:
- evangelischer Pfarrer
- die Braut (evangelisch)
- der Bräutigam (alt-katholisch)
- Pfarrkurat Wilfried Büchse (alt-katholisch)
(9. Juni 2001)

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4.6. Ökumene

Auf internationaler Ebene schlossen sich die alt-katholischen Bistümer im Jahre 1889 zur »Utrechter Union« zusammen. Die Bischöfe treffen sich regelmäßig in der Internationalen Alt-Katholischen Bischofskonferenz (IBK). Präsident der Bischofskonferenz (ohne jurisdiktionelle Vollmachten) ist der jeweilige Erzbischof von Utrecht.
Gute ökumenische Beziehungen zu allen christlichen Kirchen sind für uns ein besonderes Anliegen. Mit den anglikanischen Kirchen stehen wir seit 1931 in voller Kirchengemeinschaft ("full communion").
Mit den Evangelischen Kirchen in Deutschland verbindet uns seit 1985 die "Vereinbarung über eine gegenseitige Einladung zur Teilnahme an der Feier der Eucharistie "[->];.
Auch mit den orthodoxen Kirchen konnte in dogmatischen Fragen weitestgehende Übereinstimmung erzielt werden. Mit der römisch-katholischen Kirche kam es während und nach dem II. Vatikanischen Konzil zu ökumenischen Gesprächen. Trotz weitgehender Übereinstimmung in dogmatischen Fragen scheiterte ein 1972 fertiggestelltes Abkommen über pastorale Hilfe an der ausbleibenden päpstlichen Zustimmung. Seit seiner Gründung im Jahr 1948 sind die alt-katholischen Kirchen Mitglieder im Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK). Auf der unteren Ebene sind wir überall als Mitglied in den regionalen Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen (ACK) vertreten.


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